Übrig geblieben?

Von Redaktion

Mutmach-Geschichte

Übrig geblieben?

von Martina Körber

Die Zutaten:

Erfolglose Wohnungssuche, Jobverlust und ein vollendeter Roman

Vorwort der Herausgeber zur Geschichte

Diese bewegende und ehrliche Geschichte hat uns sehr berührt. Selbst wenn Steine auf dem Weg und Knüppel zwischen den Füßen ein Leben in die Knie zwingt, so stark ist der Wille in eben dieses zurück zu finden. Unsere Hochachtung!

Wir danken Martina Körber für Ihren Beitrag.

Übrig geblieben oder doch Bestimmung?

Ich hatte verschiedene Jobs und mich immer wieder intensiv um eine Wohnung bemüht, dennoch bin ich gescheitert.

Es gibt eben keine Sozialwohnungen mehr und mit einer negativen Schufa hatte ich so gut wie keine Chance auf dem normalen Wohnungsmarkt.

Darum verfiel ich immer mal wieder in tiefe Depressionen, denn das Leben ohne eigene Wohnung, in der ich mich selbst entfalten kann und auch mal zur Ruhe kommen kann, ist eben furchtbar anstrengend.

Ich war mit der Zeit zu demotiviert um mich irgendwie aufzuraffen und zu kämpfen.

All die ehemaligen Freundinnen hatten ihre Familien gegründet und kaum noch Zeit für mich. Während sie immer wieder mal Kinder kriegen, stehe ich dann allein da und sehne mich selbst danach Mutter zu werden und nach Familie.

Fakt ist also, dass ich „übrig“ geblieben bin. Ohne Kinder aber mit Torschlusspanik.

Ich wollte ja endlich etwas verändern, doch ich war einfach ratlos wie ich an eine Wohnung kommen könnte, um endlich wieder ein normales Leben zu führen.

Oder du wirst niemals ein eigenes Leben haben

Die Situation war schlichtweg aussichtlos und zusätzlich setzte mich das Jobcenter ständig unter Druck, ohne mir jegliche Perspektiven zu bieten: Ständig schickte man mir Einladungen zu, um mir bei persönlichen Terminen klar zu machen, dass ich mindestens fünf Bewerbungen vorzuweisen habe. Sie redeten mir permanent ins Gewissen. Ich läge der Gesellschaft eh nur auf der Tasche. Nebenbei wurde ich mit unzähligen Jobvorschlägen bombardiert, um die ich mich sofort zu bemühen hatte. Immer wieder mit der Bemerkung, dass ich im Falle eines Versäumnisses mit Sanktionen zu rechnen hätte und Kürzungen meiner Leistungen in Kauf nehmen müsste.

Also wurde mir an meinem 38. Geburtstag eines klar: Entweder du nimmst jetzt deine letzte Kraft zusammen und raffst dich auf von diesem Jobcenter wegzukommen oder du wirst niemals ein eigenes Leben haben!

Gesagt, getan! Auf einmal hatte ich diese unschlagbare Energie, die mich immer dann übermannte, wenn es nicht mehr anders geht und nur noch das eine Motto in meinem Leben vorherrscht:

„Entweder du packst das jetzt an oder du bist für allezeit gescheitert!“

Also fand ich bald einen Job, der mir wirklich Spaß machte und nette Kollegen und Kolleginnen hatte, mit denen ich klar kam. Es dauerte zwar eine Weile bis ich mich wieder an das Arbeitsleben gewöhnt hatte, aber nach ein paar Monaten war ich in meinem Alltag.

Es war ein Job in der Gastronomie und ich hatte mich arrangiert: Tagsüber nach einer Wohnung suchen und abends arbeiten, was eine gute Abwechslung war. So steigerte ich mich nicht mehr ständig in meine Probleme rein, die mich beschäftigten. Auch sah ich wieder einen Sinn: Wenn ich nur monatlich etwas vom Lohn abzwackte, dann könnte ich sicherlich in einem Jahr einen Vermieter überzeugen, da ich die Kaution direkt in bar bezahlen könnte.

Das Arbeitsleben war auch weniger stressig als dieser vermaledeite Druck vom Jobcenter im Nacken. Kurzum: Ich hatte endlich eine Hoffnung auf eine Zukunft und fühlte mich nicht mehr wie ein Mensch zweiter Klasse!

Doch dann kam auf einmal Corona und damit der Lockdown!

Anfangs dachte ich mir noch „Cool, ein bisschen Pause ist ja auch nicht schlecht!“.

Ich wollte in dieser Zeit etwas ausspannen und mich mit meinen Zukunftsplänen beschäftigen. Ich verkroch mich also in die kleine Schlafecke in der vollgequalmten Wohnung meines Ex-Mannes. Wenn man keine Wohnung hat, kann man es sich nicht immer aussuchen. Ich bin ihm dennoch dankbar.

Doch dann kam eine böse Überraschung: Ich erhielt eine Kündigung und sollte mich umgehend beim Jobcenter melden!

Für mich brach die Welt erneut komplett zusammen, denn ich wusste ja bereits was es bedeutet eine Hartz 4 – Empfängerin zu sein.

Ich weiß noch, wie ich dabei geheult habe und dann mit Alkohol meine Verzweiflung hinunterspülte. Ich habe dann im betrunkenen Zustand allen möglichen Menschen irgendeinen Blödsinn per Audio-Nachricht geschickt und mich am nächsten Tag furchtbar dafür geschämt.

Tatsächlich musste ich dann auch noch, wegen der langen Bearbeitungszeiten des Jobcenters und den Missverständnissen warum ich wieder bei meinem Ex-Mann hauste, monatelang völlig ohne Geld leben. Ich verbrauchte in dieser Zeit all das mühsam angesparte Geld, das ich doch eigentlich so dringend als Mietkaution brauchte.

Erst als ich das Sozialgericht einschaltete, erhielt ich das Geld vom Jobcenter.

Allerdings alles auf einmal. Weit über 1000 Euro. Wer ein P-Konto kennt, weiß jetzt, dass ich von diesem Geld nur einen Bruchteil zur Verfügung hatte. Der Betrag über der Freigrenze: Futsch, weggepfändet. So hatte ich den nächsten Kampf zu meistern, obwohl ich doch kaum noch Kraft dazu hatte. Mithilfe eines Rechtsanwalts schaffte ich es letztendlich, mir das Geld wieder rechtzeitig zurück zu holen – großer Advokatendank!

Ich war mal wieder am Anfang

Ich war mal wieder da, wo ich angefangen hatte. Es schien einfach sinnlos zu sein: Egal was ich auch machte, ich kam einfach nicht weiter im Leben!

Nun wollte ich also aufgeben und in den nächsten Corona-Wochen betrank ich mich oder schlief einfach nur.

Eines Tages fiel mir auf, dass die Welt irgendwie „langsamer“ geworden war, nicht mehr so hektisch. Die Menschen, die sich ständig nur um sich selbst kümmerten, waren auf einmal freundlich und extrem hilfsbereit zueinander: auch zu mir.

Mir fiel auch auf, dass diese laute Straße, in der mein Ex-Mann wohnte und wo auch ich momentan hauste, sich plötzlich in einen idyllischen Ort verwandelt hatte. Ich konnte die Kirchenglocken läuten hören, die sonst von den lauten Motorradfahrern übertönt wurden.

Ich sah in den Nachrichten weinende Menschen, die wegen des Corona-Virus‘ Angehörige verloren hatten und ich war auf einmal dankbar für meine derzeitige Situation, denn es könnte ja schlimmer sein. Von dieser neuen „Ruhe“ auf den Straßen angesteckt, schaltete auch ich endlich einen Gang zurück und dachte plötzlich wieder an meine Träume, die ich als Jugendliche gehabt hatte.

Wollte ich nicht immer schon einmal einen Roman schreiben?

Jetzt war die perfekte Zeit dafür! Also kramte ich mein verstaubtes, altes Notebook raus und machte mich an die Arbeit.

Auf einmal war nicht mehr jeder Tag gleich und unerfüllt, im Gegenteil: Ich hatte das Gefühl, dass ich mich jetzt endlich selbst verwirklichen konnte! Jeden Tag schrieb ich ein anderes Kapitel und verarbeitete dabei gleichzeitig meine eigenen Gefühle, die aus meinem Unterbewusstsein auftauchten und teilweise Punkt für Punkt in den Textzeilen meiner Geschichte landeten.

Dann hatte ich es geschafft: Mit der Eröffnung der allerersten Geschäfte nach der Krise, hielt ich stolz meinen ersten, eigenen Roman in den Händen. Ein lang gehegter Lebenstraum!

Da ich schon immer ein hoffnungsloser Weihnachtsfan war und bin, ist es ein Weihnachtsroman für Frauen geworden, in dem es um eine Liebesgeschichte geht. Den habe ich als Selbstpublisher unter meinem Künstlernamen „Zoey Hope Garcia“ bei Amazon veröffentlicht.

Meinen Künstlernamen habe ich bewusst zu mir passend gewählt, da „Zoey“ ja „Leben“ bedeutet und „Hope“ auf Deutsch „Hoffnung“ heißt.

Dadurch habe ich erkannt, wie viel Kraft und Disziplin in mir stecken und zu was ich fähig sein kann.

Im Grunde genommen hat mir die Corona-Krise mein Selbstbewusstsein wieder zurückgegeben und mich gelehrt, wer ich wirklich bin und was ich wirklich im Leben will. Ich möchte mich mitteilen, möchte so viel Kraft haben, dass ich anderen Menschen Mut machen kann. Schließlich habe ich mit meinem eigenen Roman etwas geschafft, wovon viele Menschen nur träumen können.

Nun bin ich zuversichtlich, dass ich bald wieder genug Kraft habe, mein Leben abermals von vorn zu beginnen: wieder aufzuerstehen wie ein Phönix aus der Asche. Sofort nach Corona.

„Früher habe ich immer geglaubt, dass ich eine begrenzte Lebensenergie zur Verfügung habe, die, genau wie ein gefülltes Glas,
mit jedem Schluck einer Lebenskrise abnimmt, bis es eines Tages ausgeschöpft ist und nichts mehr geht.

Ich dachte, dass je leerer das Glas wird, es auch schwerer wird sich stets im Leben neu zu orientieren.

Doch heute weiß ich, dass es gerade die Krisen in meinem Leben gewesen sind, die mich immer wieder selbstbewusster haben hervorgehen lassen und dass es mir durch sie mit zunehmendem Alter sogar leichter fällt, von vorn zu beginnen.“

Wer hat hier geschrieben?

Martina Körber ist Jahrgang 1981 und gebürtige Augsburgerin. Sie ist lebensfroh, liebt das Reisen, das Feiern und fremde Kulturen: „Mein Vater war selbst Inder und so hab ich schon recht früh einen Faible für das Andersartige entwickelt.“

Sie hat Ihren Debütroman „Das Lebkuchen-Geheimnis“ gerade erst vor kurzem unter ihrem Pseydonym Zoey Hope Garcia fertig gestellt.

Das Lebkuchen-Geheimnis: Weihnachtsroman

auf Amazon

Diese Geschichte von Martina Körber ist Teil des Schreibwettbewerbs „Mut in der Krise“ und beruht auf einem persönlichen Erlebnis.

Genauere Informationen zum Wettbewerb findest du hier: Mut in der Krise.