Die Post

Von Redaktion

Mutmach-Geschichte

Die Post

Die Zutaten: Drei Menschen, ein Dackel, Humor und Hilfsbereitschaft

Vorwort der Herausgeber zur Geschichte

Diese fröhliche Geschichte hat uns gleich am frühen Morgen gute Laune gemacht. Wir sahen die Protagonisten praktisch vor unserem geistigen Auge und haben uns über den Verlauf der Geschichte wirklich gefreut.

Lieben Dank an Annegret, für diesen Beitrag.

Geschlossen?

Das Postgebäude kann nicht geschlossen haben. Nein, nein. Die Post ist systemrelevant. Ein neues Wort für mich in einer neuen Zeit. Ich springe vom Fahrrad, umklammere den dicken Brief und starre auf die Glastür.

„Keine Sorge, die Post macht nicht dicht. Die Post doch nicht!“, sagt ein Typ mit Lockenkopf, Kapuzenshirt und ausgewaschenen Jeans.

Er grinst mich an.

Ich frage mich, ob es ein Student ist, dessen Uni unter Quarantäne steht. Oder ein systemrelevanter Krankenpfleger nach der Nachtschicht?

Ich lächle zurück.

Recht hat er, ich denke zu viel. Schwungvoll schreite ich der Glastür entgegen. Kalt und hart drückt die Scheibe gegen meine Nasenspitze, gefolgt vom Aufprall meiner Stirn. Nichts bewegt sich.

„Ich fasse es nicht“, staunt Wuschelkopf und parkt sein Rennrad neben meinem Drahtesel.

Okay, cool bleiben.

„Kein Problem“, meine ich und wende mich dem Briefmarkenautomat zu.

Vorübergehend außer Betrieb!

„Wohin soll die Sendung denn gehen?“, fragt der Typ neben mir.

„Nach Polen. 4,89 Euro in Briefmarken brauche ich.“

„Na, wenigstens sind die Grenzen für Briefe noch offen.“ Mit unverwüstlichem Grinsen zückt er sein Portemonnaie. „Ich kann Ihnen drei 80-Cent-Marken schenken, wenn das was hilft.“

Wow! Echt jetzt. Ich bin gerührt.

„Danke“, sage ich, „und ich habe eine Marke zu 1,55 Euro. Bleibt eine Differenz von 94 Cent.“

„Sie waren mal bei der Matheolympiade, oder?“

Wir lachen. Die 94 Cent fehlen trotzdem.

Ein Knurren lässt uns aufschauen. Unweit von uns kämpft ein Rentner mit seinem übergewichtigen Dackel.

„Entschuldigen Sie“, spricht ihn Wuschelkopf an. „Sie haben nicht zufällig Briefmarken dabei? Der jungen Frau hier fehlen noch 94 Cent. Die Post hat geschlossen, Lockdown und so.“ Er streicht sich eine Locke aus dem Gesicht.

„So, so“, murmelt der Rentner. Die Hand, die nicht mit Hundi kämpft, kramt zwei 60-Cent-Briefmarken hervor.

Und da heißt es immer, die Leute würden keine Briefe mehr schreiben! Es geschehen noch Wunder.

 

„Echt jetzt? Vielen Dank“, stammle ich. „Das ist sehr nett. Wirklich.“

„Gern geschehen“, meint er und zieht den Dackel an uns vorbei. „Ach und übrigens – vor 9 Uhr hat die Post immer zu.“

Ich checke meine Armbanduhr, dann die Öffnungszeiten an der Glastür. In 30 Minuten wird die Post öffnen. Genau wie an jedem anderen Wochentag. Ich spüre wie ich rot werde.

Wuschelkopf lacht.

„Wenn das so ist, können Sie die Briefmarken wiederhaben“, murmele ich ihm zu.

„Aber nicht doch! Und wollen wir nicht DU zueinander sagen? In Krisenzeiten heißt es zusammenhalten!“

"Das Erlebnis war eine begeisternde und witzige Erfahrung menschlichen Zusammenhalts." 🙂
Annegret Mühl

Wer hat hier geschrieben?

Annegret Mühl ist Dresdner Hobbyautorin und liebt das Schreiben.

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Autorenseite

Diese Geschichte von Annegret Mühl ist Teil des Schreibwettbewerbs „Mut in der Krise“. Sie beruht (leicht abgewandelt) auf einer wahren Begebenheit, erlebt von der Autorin Ende März in der Dresdner Neustadt. Genauere Informationen zum Wettbewerb findest du hier: Mut in der Krise.